Sebastian Müller ein Windows Phone Entwickler hat sich auf seinem 920 die Windows Phone 8.1 Dev Preview installiert. Er ist Entwickler der Foursquare App “ Fast4sq„. Und aktuell Student. Da ich aktuell kein Windows Phone 8 Gerät besitze, fragte ich Sebastian, ob er nicht seine Erfahrungen mit uns teilen möchte. Das wollte er und hat diesen tollen Artikel geschrieben. Vielen Dank dafür und viel Spaß beim Lesen.
Auf den ersten Blick klingt der Sprung von Version 8 auf Version 8.1 sehr marginal, in der Realität sieht dies bei Microsofts mobilem Betriebssystem deutlich anders aus. Wohl lediglich aus Gründen der Einheitlichkeit in der Windows-Entwicklung, ist keine Version 9 daraus geworden, wonach sie sich eigentlich anfühlt.
Windows Phone 8.1 wurde am 2. April auf der BUILD-Konferenz vorgestellt. In weniger als 30 Minuten führte man einige der neuen Haupt-Features auf. Microsoft zeigte sie genauso nüchtern, wie sie für Außenstehende sein mögen. Ein herunterziehbares Bedienelement, das meine Benachrichtigungen anzeigt und mich System-Funktionen, wie Bluetooth ein- und ausschalten lässt? Ein Ruhemodus? Einen Sprachassistenten? Hat doch schon jedes bessere mobile Betriebssystem!
Doch beschäftigt man sich stärker mit Windows Phone 8.1, fallen viele liebevolle Details auf, die wirklich durchdacht wurden. Dies scheint wohl das Resultat von Microsofts Einbeziehung der Community zu sein, schließlich wurden die ersten Top-Ideen der Uservoice-Webseite, bei der Benutzer neue Funktionen vorschlagen und darüber abstimmen können, fast lückenlos implementiert.
Benutzer, zu denen ich mich auch zähle, wünschten sich zum Beispiel die Trennung der Lautstärke-Einstellungen. Nach mehr als 90.000 Stimmen bei Uservoice kann man nun endlich Klingel- und App-/Medien-Lautstärken getrennt kontrollieren. Darüber hinaus speichert sich Windows Phone sowohl für Bluetooth-Geräte als auch für Headsets ein eigenes Profil. War das Smartphone eben noch lautlos, wird beim Einstecken der Kopfhörer also die Lautstärke aktiviert, die zuletzt mit Kopfhörern verwendet wurde und beim Ausstecken ist es wieder stumm.
Des Weiteren kann man im Action Center frei konfigurierbare Verknüpfungen zu Systemfunktionen, wie Bluetooth, GPS, oder auch WLAN konfigurieren, wofür bei Uservoice mehr als 37.000 Stimmen abgegeben wurden. Eine Besonderheit ist hierbei der WLAN-Schalter, der nicht einfach nur das WLAN ein- und ausschaltet, sondern in die WLAN-Einstellungen führt. Hier wird der Android-Nutzer sich wundern, da er gern nur per langem Drücken in den Einstellungsdialog geführt werden möchte, aber ich persönlich finde, dass Aktionen, die sich hinter einem langem Drücken verstecken, oft gar nicht von Benutzern gefunden werden. Daher von meiner Seite ein großes Lob an die UX-Designer von Microsoft, die diese Lösung wählten. Ein weiteres Lob auch an die Funktion, dass man beim Deaktivieren des WLANs auswählen kann, wann es automatisch wieder aktiviert werden soll – nach einer bestimmten Zeit oder wenn man an einem seiner Lieblingsplätze ist. Funktioniert bei mir super und endlich spare ich noch mehr mobile Daten, da ich oft zu vergesslich bin, WLAN wieder zu aktivieren, wenn ich daheim bin. Cortana-Nutzer haben es übrigens noch einfacher: „switch WIFI off“ ist wohl der schnellste Weg, WLAN zu deaktivieren.
Cortana ist allgemein ein großes Thema, allerdings nur für Nutzer, deren Sprache und Region auf die USA gestellt ist. Microsoft behebt aktuell noch ein paar Fehler mit Unterhaltungen, die eigentlich mit Cortana geführt werden sollen, momentan aber zu einer Bing-Suche führen, aber insgesamt macht Cortana inklusive der Location-based Reminder („remind me to work when I get home“) oder People Reminder („remind me to talk about her new phone, when I talk to my mother“) einen großartigen ersten Eindruck.
Der Startbildschirm ist anpassbarer geworden. Nicht so, dass jeder Benutzer dazu gezwungen wird – nein, er kann die Größe der Kacheln, die Anzahl der Spalten, die Farbe, ein Hintergrundbild und vieles mehr anpassen. Leider wurden viele Apps mit Nicht-transparenten Kacheln versehen, wodurch das Hintergrundbild des Nutzers nicht dargestellt wird, was momentan das Gesamtbild ein wenig stört. Was viele nicht wissen: neuerdings wird das Kachel-Layout auch täglich online gesichert und auf Wunsch auch Elemente, wie die Akzentfarbe mit Windows synchronisiert. Diese Funktion ist standardmäßig deaktiviert – der Benutzer behält also die volle Kontrolle. Allgemein ist OneDrive ein elementarer Bestandteil geworden, von dem Entwickler und vor allem Apps profitieren werden.
Der neue Internet Explorer wird ebenfalls abgeglichen – Passwörter, Tabs, Favoriten, … alles, was die Konkurrenz in der Tat auch schon bietet. Doch Microsoft geht dabei noch ein wenig drüber hinaus und fügt das Vor- und Zurücknavigieren per Swipe, einen Lesemodus, sowie eine intelligente Erkennung von mehreren Seiten auf Webseiten hinzu – d.h. man kann per Swipe nach links zum Beispiel zu Seite 2 von 10 springen, während die Seite im Hintergrund schon vorgeladen wurde.
Des Weiteren erhalten Entwickler viel mehr Möglichkeiten, wodurch Smartwatches, Schrittzähler und andere Spielereien leicht umsetzbar sind, die bisher anderen Plattformen vorbehalten waren. Dem Benutzer werden dabei aber auch neue Mittel in die Hand gelegt, um Energieverbrauch (Battery Sense), Datenverbrauch (Data Sense) oder Speicherverbrauch (Storage Sense) zu steuern und so eventuelle Flaschenhälse zu finden. Ja, Apps lassen sich sogar mittlerweile auf die SD-Karte verschieben, was bei Uservoice knapp 70.000 Stimmen erhielt und den Wert günstiger Geräte enorm steigert. Hier zeigt sich der Vorteil, dass Microsoft bei der Entwicklung für schwache Hardware beginnt und darauf aufbauend für High-End-Geräte optimiert.
Mein persönliches Highlight der neuen Windows Phone-Variante ist die Tastatur, die nicht nur die passenden Emojis vorschlägt, wenn man „Haus“ oder „Bushaltestelle“ eintippt, sondern auch einen Swipe-Modus mitliefert. Was ich unter Android vor langer Zeit nicht mochte, will ich unter Windows Phone nicht mehr missen. iOS wird hier sicherlich auch bald nachziehen…
Viele weitere Kleinigkeiten, wie die Verbindung von E-Mails und Nachrichten mit dem Kalender (schreibt man „let’s meet tomorrow“, erzeugt Windows Phone eine Verlinkung zum Erstellen des Termins), oder der einfach verständlichere Text-Cursor, ja selbst minimal modifizierte Akzentfarben bereiten mir viel Spaß und zeigen mir, dass die recht lange Entwicklungszeit ausgiebig genutzt wurde. In der Preview bestehen noch ein paar Ungereimtheiten, die allerdings bis zur Veröffentlichung bzw. dem noch in diesem Jahr folgenden GDR1-Update mit Sicherheit der Vergangenheit angehören werden, wenn man weiterhin auf Microsofts Ohr für die Community setzen kann. Zum Beispiel muss man bei aktiviertem Cortana über die Kamera-App QR-Codes scannen (oder eine App nutzen…), alle Xbox-Spiele werden mit in der App-Liste dargestellt und hin und wieder gibt es Darstellungsprobleme mit Tiles oder die Animationen hängen. Cortana wird hoffentlich bis 2015 andere Sprachen, vor allem Deutsch, lernen und Microsoft hoffentlich mehr Hersteller zu Geräten mit Windows Phone überreden können.
Neben der deutschen Sprachassistentin würde ich mir ebenso wünschen, die Mobilfunkdatenverbindung im Action Center zu deaktivieren oder vielleicht sogar eine Taschenlampe dort aktivieren zu können. Wieso nun alle Spiele in der App-Liste sind, ist mir ebenso unerklärlich wie die Tatsache, dass die Einstellungen immer noch eine schier unendlich lange unsortierte Liste ist. Unverständlich finde ich zudem die Abwesenheit eines Dateiexplorers – man kann PDFs aus dem Internet Explorer zwar in einem Download-Ordner speichern, aber dieser ist weder aufrufbar, noch kann man eine PDF per E-Mail versenden. Sind solche simplen Szenarien für den Ottonormalverbraucher so irrelevant?
Dennoch ist Windows Phone 8.1 ein wichtiger Schritt, der in meinen Augen genau zur richtigen Zeit kommt und zur Konkurrenz aufschließt. Während Benutzer nun kaum noch Ausreden haben, weshalb die Plattform viel schlechter sein soll, als iOS oder Android, kann Microsoft weiter daran arbeiten und Windows Phone vorantreiben. Ich habe meine Wahl getroffen und verwende im mobilen Bereich
ausschließlich Windows Phone, was zwar spät kam, nun viele Features der Konkurrenz übernommen hat aber insgesamt aus zahlreichen Fehlern der Anderen lernen konnte.
In diesem Sinne, probiert Windows Phone 8.1 ruhig mal aus und entscheidet euch dann für das, worauf ihr Lust habt und was euch Spaß macht!